Segway Rollstuhl im Langzeittest – die mobile Rakete

Mein erster Testbericht soll mein täglicher Begleiter sein (neben meinem Hündchen). In meinem Rollstuhl fühle ich mich am Wohlsten. Ich kann nicht umfallen – eigentlich – (aber dazu später mehr) und ich kann ohne mich konzentrieren zu müssen meinen Weg gehen/fahren. Es wird ein Erfahrungs- und Testbericht, chronologisch aufgearbeitet, denn neben dem Gerät an sich, spielen noch andere Faktoren in meine Bewertung rein.

Der Kauf (2015) und Akkuprobleme

Nachdem der Entschluss fest stand, dass ein Rollstuhl angeschafft wird, hat mir mein Vater ermöglicht (DANKE <3 ) zusätzlich zum Krankenkassen-Rollstuhl diesen Segway Rollstuhl zu kaufen. Die erste Hürde ist natürlich der Anschaffungspreis. Inklusive breiteren 13″ Felgen (die nicht nur schicker aussehen, sondern auch Sand besser durchqueren lassen) stehen knapp 18.000€ auf der Rechnung. Das Geld ist auch sofort fällig. Es gibt also keine Ratenzahlung oder irgendwelche Ämter die das vielleicht übernehmen würden.

Nach Bestellung wird das Gerät dann innerhalb von 4-5 Wochen verschickt. Am 7.4. bestellt, wurde es sogar schon am 23.4.2015 geliefert. Angekommen, ausgepackt, die Freude war riesig.

Die erste Fahrt fand auch sofort statt. 5km Hinweg, 5km Rückweg. Auf dem Rückweg ist das Segway dann mit einem leeren Akku das erste mal liegen geblieben. Klar, es war wohl nicht voll geladen, aber eine Reichweite von bis zu 39km sollte es wohl schaffen. 10km erschien mir daher machbar. Pustekuchen. Ich habe dann bei einem Gemüsehändler in 30min den Akku etwas laden können, um die Heimreise zu beenden.

Aufgrund des Akkus suchte ich dann den Kontakt zur Firma bei der ich das Segway gekauft hatte. Der Service bis zum gelieferten Gerät war super. Sofort erreichbar und schnelle Antworten auf Emails. Als dann das Problem auftrat änderte sich alles. Per Telefon wurde ich vertröstet, es liegt am Wetter, meinem Gewicht und der Fahrweise. Im Juli musste ich dann per Mail eine Frist ankündigen, da ich keinerlei Rückruf mehr bekam und nur eine Gesamtreichweite von 15-18km mit vollem Akku schaffte. Dazu gesellte sich der Fehler C208 (Akku zu kalt). Daraufhin sollte ich eine neue Email mit der Fehlerbeschreibung schicken, und warten, warten. Den Akku komplett laden, wieder entladen, vorderen Akku mit dem hinteren Akku tauschen etc. Das ging so Monate lang. Mittlerweile wurde der Fehler von C200 abgelöst (rear Battery shutdown), das Segway konnte nicht mehr gestartet werden. Jetzt war es Dezember.

Da das Problem nicht behoben war, musste ich weiter „nerven“ und endlich wurde etwas von der Firma unternommen. Ich sollte die Akkus nach Österreich schicken (Dezember 2015). Auf Nachfrage wann ich die Akkus zurück bekomme wurde mir dann mitgeteilt, dass die Akkus leer waren, sie auf dem Rückweg sind und einwandfrei funktionieren. Volle Kapazität. Immerhin lag es nicht an den Akkus aber die Reichweite war unter 50% von dem was das Segway eigentlich schaffen sollte. Akkus gut, ich vielleicht zu schwer (80kg), meine Fahrweise, das kalte Wetter. Natürlich sind das nur meine persönlichen Erfahrungen, andere Segway Fahrer haben die Probleme nicht, bzw anders, bzw laden viel öfter.

Ich hatte Glück, dass mich meine Freunde und Familie so stark unterstützt haben. Wäre ich alleine gewesen hätte ich weder den Akkutausch noch sonstige Arbeiten am Segway geschafft, da das 60kg Segway dafür jedes mal auf den Rücken gelegt werden muss.

Warum das Segway als Rollstuhl doch ideal ist

Ich habe das Segway trotzdem behalten. Es ist einfach genial. Man kommt ohne Probleme hohe Bordsteine runter, kleinere Bordsteine auch wieder hoch. Es kann sich auf der Stelle drehen, ist deutlich kompakter als ein großer 4-rädriger E-Rolli und auch mit den 15-18km kommt man gut über 2 Tage.

Mittlerweile war das Segway in jedem Urlaub dabei und hat sich jedes Mal als sehr nützlich erwiesen. Nur einen Flug haben wir bisher noch nicht gewagt.

Es hat sich schon mehrfach im Ausland als äußerst praktisch erwiesen. Genau dann, wenn man doch mal aus dem Auto aussteigen möchte, um die Sehenswürdigkeiten zu erkunden, ist das Segway sehr schnell einsatzbereit. Leider ist es nicht sehr leicht, mit 60kg können es aber zwei starke Männer anheben. Wichtig ist natürlich eine Möglichkeit das Segway in das Auto zu bekommen. Anfangs haben es zwei Rampen aus dem Baumarkt getan, mittlerweile wurde mir ein Kran in das Auto eingebaut, ein Bericht dazu folgt.

Ich habe gemerkt, dass es unterschiedliche Anforderungsbereiche gibt. Hat man Schmerzen und möchte nur möglichst bequem von A nach B kommen, dann nimmt man den schweren E-Rolli. Möchte man aber durchs Gelände, schneller als 10km/h fahren oder sogar den Strand/Wald/Feldwege befahren, muss es das Segway sein. Natürlich würde man einiges davon auch mit dem Rollstuhl, etwas langsamer schaffen, aber es ist schon ein deutlicher Unterschied. In Restaurants ist man leichter mit dem Segway zum Tisch manövriert, einige Behindertentoiletten wären für meinen großen Rolli gar nicht ausgelegt und auch das Gewicht macht bei vielen Aktivitäten einen Strich durch die Rechnung.

Pro

  • sehr schnell und wendig – 20 km/h Höchstgeschwindigkeit und man kann sich auf der Stelle drehen
  • kommt jeden Bordstein runter, 10-15cm hohe Bordsteine auch wieder hoch
  • relativ leicht – 55-60kg im Vergleich zum E-Rolli mit 140kg
  • lädt in 6-8 Stunden komplett voll, Akku hält bei mir nur 15-18km durch
  • jede Schuko-Steckdose kann genutzt werden, um mal schnell den Akku etwas laden und die Reichweite auch zwischendurch zu erhöhen

Contra

  • keine Federung – gerade bei Huckeln, Schlaglöchern und Bordsteinen merkt man es im Kreuz
  • keine Lehne – wenn ich lange damit fahre oder am Ende des Tages spüre ich es ebenfalls im Kreuz
  • relativ unentspannte Sitzposition – man sitzt wie auf einer Hühnerleiter
  • Reichweite – 39km sollen es eigentlich sein, mehr als 22km habe ich aber noch nie geschafft
  • die Standmechanik (die zwei Stelzen die man per Hand ausfährt) sind nun nach 2 1/2 Jahren schon etwas in Mitleidenschaft gezogen, funktionieren aber noch, es hakt nur manchmal
  • Der Lenker ist ein Hindernis beim Absteigen. Er muss immer aus der Halterung nach oben gezogen werden, mit dem Eigengewicht und der jeweiligen Krankheit, kann das schon mal anstrengend sein und dazu führen, dass man lieber nicht absteigt
  • wenn etwas am Gerät ist braucht man schon Hilfe von anderen, gerade für Menschen mit Einschränkungen muss dann aber a) die Zuverlässigkeit gegeben sein oder b) der Service stimmen.

Habt ihr noch Fragen? Dann schreibt mir oder packt was in die Kommentare.